Notengebung im Zeitalter von KI

Dass Schüler KI nutzen, ist längst keine Frage mehr. Dass Lehrkräfte dies nicht immer merken, ebenso wenig. Aber was folgt daraus für die Bewertung?

Eine „KI-feste“ Note – das wäre eine Bewertung, die unabhängig davon Bestand hat, ob der Text von Max, von ChatGPT oder von einer symbiotischen Zusammenarbeit beider stammt. Das Problem: Genau das geht nicht – oder nur, wenn wir Bewertungskriterien radikal verändern. Inhalte, Ausdruck und Argumentation sind leicht imitierbar. Was bleibt, ist der Weg dorthin: der Denkprozess, der Lernfortschritt, die individuelle Entwicklung.

Anders gesagt: Bewerten wir reine Ergebnisse oder zunehmend die dahinterliegenden Prozesse?

Zwischen Kontrolle und Vertrauen

Natürlich brauchen wir Instrumente, um Täuschung zu erkennen. Aber wer sich in eine Kontrolllogik verbeißt, verliert das Wesentliche aus dem Blick: gute Lernprozesse entstehen nicht aus Angst vor Entlarvung, sondern aus echter Neugier, aus Beziehung und aus der Erfahrung, dass das eigene Denken zählt.

KI kann Schülern helfen, sich besser auszudrücken. Aber: Die Frage, was gesagt wird, kann keine Maschine beantworten – nur ein Mensch, der weiß, wer da spricht, und was das Gegenüber gelernt hat.

Was wäre zu tun?
• Bewertung transparenter gestalten: Prozessanteile (z. B. Reflexion, Zwischenstände, Peer-Feedback) mit einbeziehen.
• Aufgabenformate verändern: weg von rein produktorientierten Textaufträgen, hin zu diskursiven, kontextgebundenen Aufgaben mit persönlichem Bezug.
• Dialog statt Diagnose: Wo KI mitarbeitet, sollte auch der Lehrer mitdenken – und im Zweifel nachfragen.

Checkliste: Welche Leistungen sind "KI-fest"? Hier eine Auswahl:

1. Mündliche Beiträge in Diskussionen

Spontane Beiträge in Unterrichtsgesprächen, argumentatives Mitdenken, Rückfragen oder Stellungnahmen lassen sich kaum automatisieren – sie spiegeln Denkprozesse und individuelle Positionen authentisch wider.

2. Präsentationen & Vorträge

Ob alleine oder in Gruppen: Ein gut strukturierter Vortrag mit Mediennutzung, freier Rede und Rückfragen bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Leistungserfassung – besonders, wenn die Entstehung dokumentiert wird (z. B. durch Vorab-Skizzen oder Sprecherrollen).

3. Rollenspiele, Simulationen, Debatten

Diese erfordern situatives Denken, Empathie und kommunikative Flexibilität – also Fähigkeiten, die weder KI noch Copy-Paste bedienen können. Gerade im Fremdsprachen- oder Politikunterricht bieten sich hier viele Möglichkeiten.

4. Medienprodukte mit Making-of-Komponente

Ein Podcast, ein kurzer Erklärfilm, eine selbst gestaltete Website: Wenn die Idee, die Umsetzung und die Reflexion sichtbar gemacht werden (z. B. durch ein Storyboard oder eine Audio-Nachbereitung), lässt sich die Eigenleistung gut einschätzen – auch im Zeitalter smarter Tools.